Carlotta genießt den Geist der Weihnacht...
Carlotta strahlt. Die erste Weihnachtskarte in diesem Jahr schreibt sie einem guten Freund, den sie schon seit ihrer Zeit als Stift kennt – Stefan. 2005 haben sie zusammen die Lehre begonnen. Auch die Prüfung zum Meister haben sie gemeinsam gestemmt. Viel Zeit bleibt leider nicht mehr, um sich ab und an auf ein Feierabendbierchen zu treffen. Trotzdem halten beide Kontakt. Sie verbindet nämlich eine große Leidenschaft: das Malerhandwerk. Was sie allerdings trennt, ist die widersprüchliche Einstellung Weihnachten gegenüber. As every year stellt ihr guter Freund ihren Enthusiasmus bei der Erledigung der Weihnachtspost genervt in Frage. Sie aber liebt dieses Ritual, um ihren Freunden, Lieferanten und Kunden Wertschätzung zu schenken.
Carlotta kann sich Stefan den Grinch bildlich vorstellen, wie er heute Abend auf dem Jahrestreffen der Meisterklasse von 2012 mal wieder über die stressige Weihnachtszeit rumnörgelt. Sie zieht Bilanz, wie sie ihn auf die „helle Seite“ ziehen kann.
"Gemeinsam Zeit verbringen ist für mich Weihnachten"
Am Samstag war ich zusammen mit meinem Team auf dem mittelalterlichen Weihnachtsmarkt in Siegburg. Wie du ja weißt, hat diese vorweihnachtliche Tradition bereits mein Vater von seinem alten Lehrmeister übernommen. Jetzt bin ich der Chef und mein Vater genießt seine Rente. Vieles habe ich hier im Betrieb verjüngt, aber an dieser alten Tradition halte ich fest. Einfach mal zusammen Zeit genießen. Ohne Zeitdruck und Hektik. Wann geht das bitteschön besser als in der besinnlichen Weihnachtszeit?
Sowieso ist keine Zeit so gemütlich und heimelig wie die vorweihnachtliche. Unser Geselle Michael berichtete mir erst kürzlich, wie sehr er es liebt, gemeinsam mit seiner jungen Familie den „kleinen Lord“ oder „Kevin allein zu Haus“ im Fernsehen anzuschauen. Das gehört für ihn genauso zu Weihnachten wie der Adventskalender oder der Nikolaus. Michael ist mit diesen Filmen groß geworden. Jetzt ist er selbst Vater und freut sich wie ein Kind, wenn er mit seinen zwei Söhnen zusammen in Weihnachts-Pyjamas die Couch belagert. Die Glotze an und sich mit Keksen und Dominosteinen den Bauch vollschlagen. Komm schon. Ohne schlechtes Gewissen auf der Couch rumliegen macht dir doch auch Spaß? Gib’s zu!
Oder unser Lehrmädchen. Letzte Woche stellte sie uns zwei Blechdosen mit selbstgebackenen Plätzchen auf den großen Holztisch in der Werkstattküche. Schon seit sie sich erinnern kann, backt sie zusammen mit ihrer Großmutter in der ersten Adventswoche Plätzchen für die ganze Familie. Zimtwaffeln und Vanillekipferl sind ihre Favoriten. Unsere jetzt auch. Heute ist es Luxus, sich Zeit für andere zu nehmen. Einfach mal Plätzchen für liebe Menschen backen. Ohne Erwartung einer Gegenleistung. Einfach so. Das ist doch eine schöne Tradition – oder?
Carlotta weiß jetzt schon, was Stefan sagen wird. „Kein Mensch braucht Plätzchen, wenn bereits kurz nach Ostern die ersten Dominosteine im Laden liegen. Das macht nur fett und träge. Reine Zeitverschwendung! “
"An Traditionen sollte man durchaus festhalten"
Zusammen essen und trinken mag doch wohl jeder. Du kennst meine rechte Hand, unseren dienstältesten Malermeister Herrn Heinrich. Er genießt es sehr, zwei Tage ohne schlechtes Gewissen essen und trinken zu dürfen. Alles auf Rechnung Weihnachtsschlemmerei. Das wundert mich nicht, denn sein zweitgrößtes Hobby heißt Kochen. Seinen Perfektionismus kennst du ja bereits aus unserer Lehrzeit: Nicht gut genug – dann mach mal neu. Am letzten Arbeitstag vor den Weihnachtsfeiertagen kocht er für uns doch immer ein festliches Mittagsessen. Und obwohl er uns schon viele Jahre auf diese Art beglückt, machen wir große Augen, als sei es das erste Mal. Erstaunlich, wie ein gestandener Mann mit kräftigen Maler-Händen so filigran arbeitet. Chapeau!
Selbst mein Vater kommt dann mal wieder in die Werkstatt. Du weißt, wie ihm mittlerweile das Laufen Probleme macht. Mit seinen „alten“ Kollegen zusammenzukommen macht ihn sehr glücklich. Der Glanz in seinen Augen spricht Bände. Auch das ist für mich Weihnachten. Na? Jetzt wirst auch du schwach!
Gerade für unser Malerhandwerk ist die Weihnachtszeit doch der beste Beweis, dass wir unseren Job gut gemacht haben. Da habe ich einen für dich. Als wir eigentlich schon vom Siegburger Weihnachtsmarkt aufbrechen wollten, hat uns ein Kunde dazu überredet, mit ihm noch einen Punsch zu trinken. Im Sommer gestalteten wir seinen kompletten Wohn-Ess-Bereich neu. Er erzählte uns von seiner Frau, wie sie das neue Ambiente mit Weihnachtssternen und Lichterketten verschönert und sich im renovierten Zuhause so sehr auf den Heiligen Abend mit den Kindern freut. Wie schön, alles richtig gemacht. Unser Handwerk lieber Stefan, sorgt eben für häusliche Gemütlichkeit an Weihnachten. Denk mal drüber nach.