Risse in der Fassade
Fassadenkrimi – Gefahr in Verzug
„Unsere Fassade bekommt Risse – und jetzt? Das sieht gar nicht gut aus. Das müssen wir uns mal zusammen ansehen.“
Auch wenn es sich hierbei nur um den Wortlaut eines nachgestellten Telefonanrufes eines verunsicherten Hausbesitzers handelt, bleibt das Problem allerdings real – Risse in der Fassade:
- Nach Renovierung
- Nach Neubau
Worin auch immer die Ursachen für die Rissbildung liegen, jetzt ist aktive Kommunikation mit Ihrem Kunden gefragt, damit die Verunsicherung nicht in Frust umschlägt. Kompetentes Auftreten, belegbares Fachwissen bezüglich Ursachen- und Gefahrenanalyse und eine lösungsorientierte Herangehensweise stehen hier im Mittelpunkt.
Die „Technischen Richtlinien für Maler- und Lackiererarbeiten des Bundesausschusses Farbe und Sachwertschutz“ (kurz BFS) gelten als der „Brockhaus“ des Malerhandwerks und helfen hier, die eigene Handlungskompetenz zu stärken. In Zusammenarbeit mit Forschungsinstituten, Innungen, technischen Informations- und Beratungsstellen sowie namhaften Verbänden entstand ein unschlagbares Regelwerk für professionelle Verarbeiter, Planer und Sachverständige. Der BFS-Sammelordner besteht dabei aus über 26 Merkblättern und beschäftigt sich mit den wichtigsten Themen rund um das Maler- und Lackiererhandwerk.
Der persönliche Krimi einer Reklamation nach eigener Leistung ist lösbar. In Bezug auf das Telefonat können Sie der gedanklichen Sorge des Auftraggebers, „Was wird das wohl wieder kosten?“, aktiv entgegenwirken. Wenn Sie den Auftraggeber in die Ursachenanalyse mit einbeziehen und potenzielle Folgeschäden plausibel vor Augen führen, gewinnen Sie auf mehreren Ebenen. Der Kunde entwickelt ein Verständnis für die notwendigen Sanierungsmaßnahmen, und Sie schaffen Klarheit über den wichtigen Punkt, dass eine Risssanierung nicht immer die Ursachen einer Rissbildung beseitigen kann. Die anfallenden Kosten sind häufig nur ein Bruchteil dessen, was finanziell anfällt, wenn die Ursache nicht behoben wird.
Gefahren und Risiken von Rissen in der Fassade und im Mauerwerk
Risse an der Fassade und im Mauerwerk stellen für Ihren Kunden einen optischen Mangel dar. Bereits dieser Umstand kann eine Wertminderung der Immobilie bedeuten. Der Schaden, bzw. die anschließenden Folgeschäden, sind am Ende wertmäßig größer, als der immaterielle Ärger optischer Natur. Unabhängig von der Ursache oder der Beschaffenheit eines Risses kann auch die schützende Funktion des Putzes bzw. der Fassadenfarbe beeinträchtigt werden. Eine verschleppte oder unterlassene Risssanierung kann beispielsweise durch eindringende Feuchtigkeit zu gravierenden Folgeschäden führen. So zieht ein nasses Mauerwerk häufig Schimmel und Algenbefall nach sich. In Hohlstellen kann die Feuchtigkeit durch Frost zu massiven Abplatzungen führen. Je nach Ursache können Risse sogar ein entscheidendes Indiz für Probleme mit der Statik des Bauwerks sein. Das sind nur einige Beispiele für mögliche Folgen, die durch Risse entstehen können. Machen Sie ihrem Kunden deutlich, dass eine Sanierung der Oberfläche unumgänglich ist, da der Schaden ansonsten deutlich größer ausfallen kann.
Wenn Sie die Fassade selbst beschichtet haben, wird Ihr Kunde vermutlich sogar der Meinung sein, dass Ihr Malerbetrieb einen Fehler gemacht hat. Denn Risse sind immer erst in der Schlussbeschichtung sichtbar, und für Laien ist das somit im ersten Moment auch die Ursache des Schadens. Nutzen Sie die Möglichkeit, Ihrem Kunden deutlich zu machen, dass die Ursache für die Entstehung der Risse deutlich tiefer liegen kann.
Damit nicht genug – es kann durchaus vorkommen, dass an einem Objekt zahlreiche Ursachen und damit auch unterschiedliche Arten von Rissen vorhanden sind. Somit können auch nur einzelne oder Teilflächen betroffen sein. Alle Rissarten unterliegen zusätzlich ständigen Bewegungen durch beispielsweise Temperaturschwankungen (Ausdehnen und Zusammenziehen), Feuchtigkeitswechsel (Quellen und Schwinden) sowie Druck- oder Schubspannungen.
Wie Sie sehen, ist das Thema vielseitig, aber durchaus handelbar. Bei Unsicherheiten können Sie sich gerne an unsere Fachberater wenden. Je nach Objekt und Schaden kann es aber auch vorkommen, dass beispielsweise ein Sachverständiger hinzugezogen werden muss.
Um die Spur zu unserer Reklamation wieder aufzunehmen, lässt sich beim Vor-Ort-Termin feststellen: Risse sind zweckmäßig, optisch und technisch in wirtschaftlich vertretbarem Rahmen zu sanieren.
Indizien sammeln
Um dem Täter mit den richtigen Mitteln auf die Spur zu kommen, müssen Sie noch ein paar Indizien sammeln – wie können Sie also bei der Bestimmung der Risskategorie vorgehen? Welche Hilfsmittel gibt es?
Der entscheidende Punkt ist festzustellen ob die Risse ruhen oder in Bewegung sind. Um baudynamische Risse aufspüren zu können, hat sich die Gipsplombe als einfache und kostengünstige Möglichkeit etabliert. Hierbei wird ein Streifen aus Gips mit 1 bis 10 mm Dicke quer über den Riss appliziert. Die angebrachte Plombe wird dann ca. 28 Tage beobachtet – ist sie danach unbeschädigt, handelt es sich um ruhende Risse. Ist sie zerbrochen oder rissig, sind die Risse noch in Bewegung.
Für eine genauere Analyse sollte man in diesem Fall einen Ingenieur, Geologen oder Statiker hinzuziehen. Als Grundsatz gilt, dass nur Risse saniert werden können, bei denen das Rissverhalten bereits abgeschlossen ist.
Liegen ruhende Risse vor, ist die Rissbreite entscheidend für Ihr weiteres Vorgehen. Mit dem Rissbreitenmesser ermitteln Sie schnell und zuverlässig die nötigen Angaben, um die vorhandenen Risse genau zu identifizieren. Dabei handelt es sich um eine Art Lineal, das mit feinen Strichen (Skalierung) für die unterschiedlichen Rissbreiten ausgestattet ist. Durch Anhalten an die Oberfläche können Sie so sehr genau die Breite der Risse ablesen. In Kombination mit dem Rissbild, also dem Verlauf der Risse auf der Oberfläche, können Sie nun die Risse den entsprechenden Risskategorien zuordnen.
Sehr feine Risse lassen sich zudem auch mit Wasser untersuchen. Durch die Benetzung der Oberfläche, mit beispielsweise einer mit Wasser gefüllten handelsüblichen Sprühflasche, zeichnen sich feine Risse dunkler von der umgebenden Oberfläche ab.
Täterprofil
Um die Gefahr bannen zu können, muss der Verursacher genau unter die Lupe genommen werden. Haar- und Schnürrisse sind zum Beispiel nur ein optisches Thema. Sie sind maximal 0,2 mm breit und können mit einer füllenden Fassadenbeschichtung bereits ausgeglichen werden. Risse, die technische Ursachen haben, sind nicht einfach mal weg zu schminken. Genau hingucken hilft da. Merkmale, Erscheinungsbild und Beschaffenheit sind in eindeutigen Kategorien definiert:
- Rissart A: Putzrisse, die nicht vom Putzträger ausgehen
- Rissart B: Risse, die vom Putzträger ausgehen
- Rissart C: Baudynamische Risse
Ist die Rissart entlarvt, kann eine passende Maßnahme zur Sanierung festgelegt werden. Hier sind die BFS-Merkblätter eine verbindliche Hilfe. Der professionelle Verarbeiter wird zum Profiler und findet im Merkblatt Nr. 19 auf Seite 5 und 6 alle verbindlichen Richtlinien in Tabelle 1 „Rissarten, Risserscheinungsbilder und Rissursachen“:
A1 – Putzoberflächenrisse
Putzoberflächenrisse können als haarfeine, netzartige Risse auftreten. Je nach Ursache handelt es sich um Sinter- oder Schwundrisse in der Oberfläche der obersten Putzlage. Bei trockenem Putz sind sie häufig zunächst nicht zu erkennen.
Mögliche Ursachen für Oberflächenrisse
- Zu feiner, gleichkörniger Sand
- Zu viel aufschlemmbare Bestandteile
- Zu hoher Bindemittelanteil
- Bindemittelanreicherung durch starke Oberflächenbearbeitung
- Schneller Entzug des Anmachwassers durch beispielsweise Wind und Sonne
Dinova Sanierungsvorschlag für A1 Risse
- Bis 0,1 mm =
2 x DinoGarant MultiTop FZ
A2 – Putzlagenrisse
Putzlagenrisse sind Risse, die sich durch alle Putzlagen ziehen und teilweise bis auf den Putzgrund reichen. Sie treten netzartig und deutlicher als Putzoberflächenrisse in Erscheinung.
Mögliche Ursachen für Putzlagenrisse
- Zu viel aufschlämmende Bestandteile
- Zu hoher Bindemittelanteil
- Zu dicke Putzlage
- Schneller Entzug des Anmachwassers durch beispielsweise Wind und Sonne
- Stark saugende Untergründe
Dinova Sanierungsvorschlag für A2 Risse
- Bis 0,1 mm =
2 x DinoGarant MultiTop FZ - Bis 0,2 mm =
1 x DinoGarant Compact +
2 x DinoGarant MultiTop FZ
B1 – Risse an Stoß- und Lagerfugen
Risse an Stoß- und Lagerfugen gehen durch die ganze Putzdicke bis in die Mauerwerksfugen. Sie sind am Rissverlauf erkennbar, der mit den Mauerwerksfugen weitgehend identisch ist.
Mögliche Ursachen für Risse an Stoß- und Lagerfugen
- Ungenügende Austrocknung
- Mischmauerwerk
- Nicht vollfugiges Mauerwerk
- Unterschiedliches Saugverhalten der Untergründe
- Thermische Spannungen
Dinova Sanierungsvorschlag für B1 Risse
- 0,1 bis 0,2 mm =
2 x DinoGarant Compact +
2 x DinoGarant MultiTop FZ - Bis 0,5 mm =
Vollgewebearmierung im System DinoGarant
DinoGarant Risspachtel
1 x DinoGarant Compact
DinoGarant Elastic-Gewebe
1 x DinoGarant Compact
2 x DinoGarant MultiTop FZ
B2 – Risse durch Formveränderung des Wandbildners
Risse durch Formveränderung des Wandbildners entstehen durch Temperatur- und Feuchtigkeitseinwirkung. Die Einwirkungen führen zu Volumenveränderung bei Mischmauerwerk und Leichtbauplatten.
Mögliche Ursachen für Risse aufgrund des Wandbilders
- Temperaturschwankungen
- Feuchtigkeitsaufnahme
- Mischmauerwerk
- Saugverhalten der Untergründe
Dinova Sanierungsvorschlag für B2 Risse
- Bis 0,2 mm =
Teilgewebearmierung im System DinoGarant - Bis 0,5 mm =
Vollgewebearmierung im System DinoGarant
DinoGarant Systemaufbau:
DinoGarant Risspachtel
1 x DinoGarant Compact
DinoGarant Elastic-Gewebe
1 x DinoGarant Compact
2 x DinoGarant MultiTop FZ
C1 – Bautechnische und konstruktionsabhängige Risse
Bautechnische und konstruktionsabhängige Risse können gerade, regel- oder unregelmäßig, dünn bis weit geöffnet, horizontal oder vertikal verlaufen. Sie treten zum Beispiel am Deckenanschluss, in Höhe von Etagendecken und Ecken von Fenstern oder Türen auf.
Mögliche Ursachen für konstruktionsabhängige Risse
- Verformung/Bewegung
- Windbelastung
- Deckenschub
- Fehlende Bewegungsfugen
- Anschlüsse von Bauteilen
Risskategorie C2 – Baugrundbedingte Risse
Baugrundbedingte Risse die bis ins Mauerwerk durchgehenden. Deutlicher Verlauf bei weit aufklaffender Öffnung.
Mögliche Ursachen für Baugrundbedingte Risse
- Geologische Setzungen
- Erschütterungen durch bsp. Straßen-oder Luftverkehr
Risse der Kategorie C sind aufgrund der unberechenbaren Dynamik der Rissbewegung nicht dauerhaft zu sanieren. An dieser Stelle muss die Ursache behoben werden, bevor eine Risssanierung erfolgen kann. Da der Bewegungslauf dieser Risse nicht einwandfrei abzugrenzen ist, können zusätzlich bautechnische Maßnahmen erforderlich werden. Zum Beispiel durch Einbau von Dehnungsschienen oder das Ausbilden sichtbarer Fugen durch Ausspritzen mit geeigneten Fugendichtmassen. Bei Rissen dieser Kategorie sollten Sie unbedingt einen Statiker oder Sachverständigen hinzuziehen, um die genaue Ursache zu ermitteln – nur so können die richtigen Maßnahmen zur dauerhaften Behebung des Schadens ergriffen werden.
Rechtliche Konsequenzen auf Abstand halten
Dem Auftraggeber obliegt nach Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen VOB Teil B §4 die allgemeine Beurteilung und Prüfung des Untergrundes vor Beginn der Ausführung. Maßgeblich sind die Technischen Richtlinien für Maler- und Lackiererarbeiten des Bundesausschusses Farbe und Sachwertschutz. Hilfestellung gibt hierbei das darin enthaltenen BFS Merkblatt Nr. 19 oder WTA-Merkblatt 2-4-94. In Tabelle 2 auf Seite 7 sind genaue Angaben zu Prüfmethode, Erkennung und Maßnahmen gegeben.
Bestehen nach dieser Tabelle Bedenken gegenüber der Beschaffenheit oder der vorgesehen Art der Risssanierung, sind diese nach VOB Teil B, DIN 1961 § 4 Nr. 3 unverzüglich in schriftlicher Form geltend zu machen.
Werden aufgrund der Beschaffenheit des Untergrundes zusätzliche Leistungen notwendig, wie beispielsweise das Entfernen von Sinterschichten, gehören diese nicht zu den Nebenleistungen im Sinne der VOB (vgl. Teil C, DIN 18363 Abschnitt 4.1). Solche Arbeiten zählen zu den besonderen Leistungen, die von Ihnen gesondert berechnet werden können.
Zurück zum Anfang der Kriminalgeschichte. Der Hausbesitzer hat erst einmal alles richtig gemacht. Er hat nach Entdeckung des Mangels zeitnah den Unternehmer informiert, der dieses Gewerk ausgeführt hat. Für beide stellt sich die Frage, ob Risse unter die Gewährleistungsfrist fallen. Die Gewährleistung liegt in Deutschland bei 4 Jahren nach VOB, bzw. 5 Jahren nach BGB. Die Gewährleistungsfrist beginnt mit Abnahme des Malergewerks, also dem Fertigstellen, der durch den Malerbetrieb ausgeführten Arbeiten. Bei bewusst verursachten Mängeln beträgt die Gewährleistung jedoch ein Leben lang.
Auch wenn es sich bei dem Mangel um einen Rechtsbegriff handelt, wird dieser in der Praxis auch für die technische oder optische Bewertung von Rissen herangezogen. Das BGB regelt hierbei vertragliche Vereinbarungen über § 434 Sachmangel und nach § 633 Sach- und Rechtsmangel. Die Abweichung einer Vereinbarung kann auch dann mangelfrei sein, wenn sich das Werk für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung oder übliche Verwendung eignet und so beschaffen ist, wie es bei anderen Werken gleicher Art üblich ist und wie es der Auftraggeber erwarten kann. Das Vorliegen eines Mangels, also ein Riss in der Fassade, setzt nicht zwangsläufig einen Schaden voraus. Umgekehrt muss dieser nicht zwangsläufig einen Mangel darstellen.
Benötigen Sie Hilfe bei der Beurteilung vorhandener Risse oder Mängel. Unsere sachkundigen Fachberater unterstützen Sie gerne bei der Analyse und der Auswahl eines passenden Sanierungssystems.