Zum Inhalt springen

Ist eine Untergrundprüfung notwendig?

Für Handwerker und Sachverständige gehört es zum täglichen Geschäft Untergründe und Schadensfälle einzuschätzen. Nur durch die richtige Untergrundprüfung ist es möglich Beschichtungsaufbauten festzustellen, um so die nachfolgenden Produkte zu bestimmen, damit spätere Schadensfälle vermieden werden. Im Rahmen der Untergrunderkennung wird bereits häufig deutlich, um welchen Werkstoff es sich bei der zu beschichtenden Oberfläche handelt. In einigen Fällen ist es jedoch nötig intensiver zu prüfen und entsprechende Hilfsmittel zu verwenden.

Die Untergrundprüfung gilt als Absicherung für den Auftragnehmer selbst. Je nach Vertragslage unterliegt der Auftragnehmer nach VOB Teil B §4 Absatz 3 oder nach BGB – Werkvertrag §631 in Verbindung mit §242 der Prüfungs- und Anzeigepflicht. Die Prüfungspflicht bezieht sich dabei nur auf sichtbare bzw. erkennbare Mängel, die durch baustellenübliche Prüfungen ermittelt werden können. Die Anzeigepflicht hierzu unterscheidet sich dahingehend, dass bei einem BGB-Vertrag ein mündlicher Hinweis ausreicht – wir empfehlen Ihnen jedoch die Bedenkenanzeige schriftlich festzuhalten. Die Haftung kann nur nach Bedenkenanmeldung ausgeschlossen werden.

Hilfsmittel zur Untergrundprüfung

Wie wird ein Untergrund geprüft?

Das BFS-Merkblatt Nr. 20 beschreibt die baustellenüblichen Prüfmethoden und Erkennungsmöglichkeiten. Zur Untergrundprüfung können diverse Hilfsmittel verwendet werden, die in der Regel zur Standardausstattung eines jeden Malers gehören: 

Der Umfang der Untergrundprüfung ist relativ einfach abzuschätzen und sollte anhand einer Checkliste oder auf Basis der eigenen Erfahrungen erfolgen. Wir empfehlen eine Prüfung nach folgenden Kriterien:

  • Untergrundbeschaffenheit – Tragfähigkeit, Risse, Festigkeit usw.
  • Sichtbare Schäden – Salze, Schimmel, Algen, Altlasten usw.
  • Konstruktion und Montageaufbau – Wasserführende Leitungen, Dachüberstände usw.
  • Zu erwartende Umwelteinflüsse – Starke UV-Belastung, Schlagregen usw.
  • Witterungsverhältnisse bei der Verarbeitung – Klima bei Verarbeitung und Trocknung

Diese Liste wäre um diverse Faktoren wie z. B. Prüfung auf Alkalität, Feuchtigkeit, Ausblühungen, Saugfähigkeit, Ebenheit oder auch Konstruktionsstabilität erweiterbar. Je nach zu beurteilendem Objekt sollten diverse Prüfungen der eigentlichen Auswahl des Beschichtungsaufbaus vorangehen.

Beispiele für Untergrundprüfungen

Wischprobe

Mit der Wischprobe kann man unter anderem kreidende Oberflächen feststellen, indem man mit der Hand oder einem Tuch über die Fläche reibt – bleiben Verfärbungen zurück, handelt es sich um einen kreidenden Untergrund. Dies ist bei mineralischen Putzen auf Kalkauswanderungen zurückzuführen. Bei Altanstrichen sind die Bindemittel durch Witterungseinflüsse angegriffen und soweit abgebaut, dass die Pigmente und Füllstoffe frei liegen.

Kratz- und Klopfprobe

Anhand der Kratzprobe lässt sich feststellen, ob ein Untergrund über die notwendige Haftung und Tragfähigkeit verfügt, um die Oberfläche neu zu beschichten. Hierbei wird z. B. mit einem Messer oder Schraubenzieher über die Oberfläche gekratzt. Platzen Stücke ab oder trennt sich das Material zu stark ab, ist der Untergrund nicht ausreichend tragfähig. Ergänzend lassen sich die Oberflächen auch mit der Klopfprobe testen. Hierbei kann man gleichzeitig feststellen, ob sich z. B. Hohlräume unter der Beschichtung befinden.

Gitterschnitt

Klebeband wird von einem Kreuzschnitt im Untergrund langsam abgezogen

Die Haftung des Untergrundes lässt sich auch mit einem Gitterschnitt (nach DIN EN ISO 2409) feststellen. Das Vorgehen ist beispielsweise im BFS-Merkblatt Nr. 20 beschrieben. Bei einem Gitterschnitt werden z. B. mit einem Cutter-Messer parallel zueinander verlaufende Schnitte gesetzt. Danach wird auf den Einschnitten ein malerübliches Klebeband befestigt, welches ruckartig abgezogen wird. Anhand  der Beschaffenheit des eingeschnittenen Untergrundes kann nun ermittelt werden ob die Haftung und damit die Tragfähigkeit ausreichend ist.

Die Bewertung ist nur für Erstbeschichtungen auf Metallen, Kunststoffen und geeignete Holzoberflächen anwendbar.

Feuchtigkeitsmessung

Die Feuchtigkeitsmessung ist entscheidend für die nachfolgende Beschichtung. Je nach Baustoff können sonst erhebliche Mängel bei der Schlussbeschichtung auftreten. Achtet man nicht auf eine ausreichend trockene Basis, kann es zu Verfärbungen, Blasenbildung oder auch Haftungsproblemen mit wasserlöslichen Beschichtungsstoffen kommen.

Die Ermittlung der Feuchtigkeit mittels Handgefühl ist sicherlich möglich – wir empfehlen jedoch die Messung mit einem geeigneten Feuchtigkeitsmessgerät, damit ein belastbares Ergebnis festgehalten werden kann.

Benetzungsprobe

Anhand der Benetzungsprobe lassen sich neben dem Saugverhalten auch feine Risse oder Beschädigungen feststellen. Das Wasser dringt tiefer in diese offenen Stellen ein und zeichnet sich somit farblich von der restlichen Oberfläche ab. Diese Prüfmethode gibt gleichzeitig Auskunft über die Festigkeit und Haftung des Untergrundes im nassen Zustand.

Lösemittelprobe

Die wichtigste und grundlegendste Prüfung ist die Feststellung der Art des vorliegenden Altanstrichs. Ein tendenzieller Nachweis kann durch Löslichkeit, Alkalität und Reaktion mit Säure bei Unsicherheit schnell Antworten geben. Zum Beispiel:

  • Kalk- und Reinsilikatfarben als rein mineralische Produkte enthalten keine Organik und sind deshalb in Lösemitteln nicht löslich. Bei Salzsäure findet jedoch eine Reaktion statt.
  • Dispersions-Silikatfarben und Siliconharzfarben enthalten geringe Mengen organischer Substanzen und sind in Lösemittel gering löslich.
  • Dispersionsfarben sind in Testbenzin oder Nitroverdünnung quellbar.
  • Lösemittelhaltige Polymerisatharz-Fassadenfarben sind spröde und lassen sich sehr leicht in Testbenzin lösen.
Drei kleine Gläschen mit Lösemitteln auf einem herausgebrochenen Stück Mauerwerk

Kalkausblühungen und Auswaschungen

Kalkausblühungen bzw. Auswaschungen von Calciumhydroxid (Carbonatisierung zu Calciumcarbonat) können anhand einer ph-Wert-Prüfung oder mittels Salzsäure festgestellt werden. Liegt der ph-Wert über 9, kann man auf Kalkauswanderungen schließen, denn diese entstehen meist auf mineralischem Neuputz, der zu früh überstrichen wurde. Dieser Test ist auch mit einigen Tropfen Salzsäure möglich – wenn diese aufbraust, handelt es sich um carbonatisierte Kalkauswanderungen.

Salze

Salze können z. B. durch Sulfatreagenz oder Chloridreagenz geprüft werden. Hierzu werden die Ausblühungen in ein Reagenzglas gegeben und mit destilliertem Wasser übergossen. Schüttelt man diese Mischung, setzen sich Sand und Füllstoffe am Boden ab. Gibt man nun die oben genannte Reagenz hinzu entsteht ein weißer Niederschlag bei Anwesenheit von Sulfatsalzen. Diese entstehen häufig im Sockelbereich durch aufsteigende Feuchtigkeit.

Besonderheiten bei mineralischen Untergründen

Stahlbeton, Kalksandstein oder auch Ziegel sind nur wenige Beispiele für mineralische Untergründe. Bei diesen Untergründen müssen spezielle Faktoren überprüft werden, um eine langfristige Beschichtung zu gewährleisten.Die Untergrundprüfung ist somit um einige Schritte zu erweitern.

Neue Betonoberflächen zeichnen sich vor allem durch eine hohe Alkalität aus – dies sorgt für den nötigen Schutz der darunter liegenden Bewehrung. Durch z. B. Bewitterung reduziert sich die Alkalität des Materials, was dazu führen kann, dass die Bewehrung im Rahmen der Carbonatisierung korrodiert und Materialteile ausbrechen. Diese Beschädigung des Betons hat Auswirkungen auf die Tragfähigkeit des Untergrundes. Der Grad der Carbonatisierung kann mittels Prüfung des ph-Wertes festgestellt werden. 

Weiterhin müssen bei Betonbauteilen die Festigkeit des Bauteils und der Oberfläche beurteilt werden. Mit dem Messer lässt sich in kalkreiche Putzen der Mörtelgruppe P I mühelos ein Loch „bohren“, während dies bei den harten Putzen der MG P III nicht möglich ist. Bei kalkreichen Putzen ist durch Annässen mit Wasser eine deutliche Minderung der Festigkeit festzustellen. Putze der MG P III behalten auch nach Annässen mit Wasser ihre Festigkeit, während P-I-Putze nach Wasserbelastung deutlich weicher werden. Eine exakte Bestimmung der Mörtelgruppe ist nicht möglich ­– es kann nur eine annähernde Zuordnung erfolgen.

Mit der Untergrundprüfung Sicherheit schaffen

Bauarbeiter springt mit Planungspapieren in der Hand vor Freude in die Luft

Die hier genannten Prüfmethoden stellen nur eine Auswahl der Möglichkeiten zur Prüfung und Beurteilung eines Untergrundes dar. Wichtig ist, dass die Untergrundprüfung fundamental für die Auswahl der richtigen Beschichtung ist. Sie hilft dem Auftraggeber dabei, eine langfristige, technisch funktionale Beschichtung zu erhalten und schützt den Auftragnehmer vor Schäden durch die Absicherung der Auswahl richtiger Beschichtungssysteme.

Die BFS-Merkblätter stellen die anerkannten Regeln der Technik dar und sollten bei der Untergrundprüfung und -beurteilung als Grundlage genutzt werden. In kritischen Fällen sollte die Untergrundprüfung dokumentiert werden. Im Zweifelsfall sind Bedenken anzumelden. Durch spezielle Hilfsmittel lassen sich die Untergründe präziser untersuchen, und je nach Untergrundbeschaffenheit muss die passende Grundierung bei der Untergrundvorbereitung ausgewählt werden.